Bohrhakenkorrosion in tropischen und maritimen Gefilden
Hierzulande naht der Winter, das Thermometer sinkt stetig und wer nicht gerade dabei ist, Väterchen Frost willkommen zu heißen und die Eisgeräte zu schärfen, der möchte in der kalten Jahreszeit vielleicht in die traumhaften tropischen und/oder maritimen Klettergebiete flüchten – nach Thailand, in die Dominikanische Republik oder auf eine der griechischen Inseln.
Doch so unbeschwert das Klettern in den maritimen Winterfluchten scheinen mag, so gefährlich kann es unter Umständen auch sein: Nach mehreren schweren Unfällen in den letzten Jahren warnt die UIAA vor korrodierten Bohrhaken in tropischen und/oder maritimen Klettergebieten .
Eine Komission der UIAA, die sich eingehend mit dem Thema beschäftigt hat, stellte fest, dass etwa 10 – 20% der in tropischen, maritimen Klettergebieten installierten Bohrhaken bei extrem geringen Belastungen (zwischen 1 kN und 5 kN) brechen können. In diesem Zusammenhang stellte die UIAA sogar fest, dass manche der untersuchten Bohrhaken schon bei einer Belastung durch das Eigengewicht des Kletterers brechen.
Fataler Weise handelt es sich bei den untersuchten Bohrhaken nicht um irgendwelche windigen Eigenbauten, sondern um handelsübliche, den UIAA-Standards entsprechende Bohrhaken aus rostfreiem Stahl, die zum Einen als ausreichend korrosionsbeständig gelten und zum Anderen eine Mindestbruchlast von 22 kN aufweisen sollten. Wieso kommt es trotzdem zu Bohrhakenbrüchen bei extrem niedrigen Belastungen?
Laut UIAA liegt die Ursache der beobachteten Bohrhakenbrüche an nicht sichtbarer Spannungskorossion, die in mikroskopischen Haarissen am Hakenmaterial auftritt. Die mikroskopisch kleinen Risse sind dummerweise häufig mit dem bloßen Auge kaum oder gar nicht zu erkennen. Die Verbindung von warmen Temperaturen, aggressiver Atmosphäre (Salz) und ständiger Feuchtigkeit führt hier zu extrem schnellen Festigkeitsverlust der Haken. Dies kann auch bei geschweißten Verbundankern, im Umfeld der Schweissnaht, auftreten.
Um dieser Problematik entgegenzutreten, hat die UIAA einige Verhaltensratschläge für Kletterer in am Meer gelegenen oder tropischen Gebieten herausgegeben:
1. Es empfiehlt sich, sich bei einheimischen Kletterern oder Verantwortlichen nach dem Zustand der Bohrhaken in einem Gebiet zu erkunden.
2. Gebiete aufsuchen, die regelmäßig saniert werden. Wie die UIAA festgestellt hat, ist die Wahrscheinlichkeit eines Hakenbruches bei einem Bohrhaken, der seit weniger als drei Jahren installiert ist, sehr gering. Allerdings, so warnt die UIAA, können in Einzelfällen die Bohrhaken schon in den ersten neun Monaten nach der Installation brechen.
3. Sollte sich Rost auf einem vorgefundenen Bohrhaken finden, sollte diese Route unbedingt gemieden werden. Rost ist ein sicherer Indikator für den oben beschriebenen Festikeitsverlust und für Korrosion. In einem solchen Fall informiert man am besten die lokalen Verantwortlichen oder ersetzt die Rostgurke selbst durch einen neuen und einwandfreien Bohrhaken.
4. Wenn sich keine Informationen zum Zustand von vorgefundenem Bohrhakenmaterial finden lassen, sollte allen Haken einer Route mit Skepsis begegnet werden, wie man es z.B. auch beim alpinen Klettern machen würde. Trifft man auf einen fragwürdigen Bohrhaken, lässt sich die Sicherung vielleicht mit zusätzlichen mobilen Sicherungsgeräten verbessern.
Eine weitere Möglichkeit, der Gefahr von korrosionsbedingten Bohrhakenbrüchen in marinen Klettergebieten zu entgehen, ist natürlich, die Routen konsequent selbst einzubohren. Hier gilt zu beachten, dass Klebehaken aus korrosionsbeständigem INOX-Stahl oder aus Titan den besten Schutz vor den beschriebenen Phänomenen bieten können.
Wer sich eingehend mit Theorie und Praxis des Einbohrens, des Sanierens und der Bohrhaken beschäftigen möchte, findet hier den Link zur DAV-Broschüre ´Bohrhaken`.
Bei allen Fragen zu den Themen Routenbau, Routensanierung und Hakenmaterial hilft Euch außerdem das Team der Alpinsport Basis jederzeit gerne weiter.